Den folgenden Text habe ich in einem sozialen Netzwerk gefunden. Autor/in will anonym bleiben, ich fand den Text aber so wichtig und eindrücklich, dass ich gefragt habe, ob ich ihn hier teilen darf und habe dafür das Einverständnis bekommen.
Warum ich den Text so wichtig finde? Weil ich ihn mutig finde. Weil ich möchte, dass andere Menschen in einer ähnlichen Situation wissen, dass es immer weiter geht. Und weil dieses Bekenntnis die perfekte Erwiderung auf all jene ist, die immer noch zwischen “echter” und im Netz stattfindender Kommunikation unterscheiden.
Ich weiß nicht, was gewesen wäre.
Ich hatte Suizid- und Amokgedanken. Ich wollte mich und andere töten. Ich wurde ohne Ende drangsaliert, egal ob wegen meinem Übergewicht (89 Kilogramm bei 1.73 Metern), oder wegen meiner mich mittlerweile 14 Jahre verfolgenden Trichotillomanie (dem Drang, sich Haare auszureißen). Ich dachte, dass ich dem ein Ende setzen müsste. Unter allen Umständen.
So brutal sich das lesen mag, suche ich nach Antworten, warum ich all das nicht tat. Warum ich nicht anderen die Klinge in die lebenswichtigen Arterien rammte, warum ich mich nicht irgendwo aus einem hoch gelegenen Fenster stürzte. Ich weiß mittlerweile, warum all das nicht geschah: Das Internet rettete mich.
Ich führte Konservationen mit wunderbaren, lieben Menschen, die mich motivierten, weiterzumachen und dem Drang zu töten zu widerstehen, egal wie groß er mir erschien. Damals, 2005, als die mir von meinem – kurz nach meiner Jugendweihe 2003 – für mich immer noch kürzlich verstorbenen Großvater vererbte Lederjacke auf dem Schulhof mit Kreide-Hakenkreuzen bedeckt wurde, brach ich im Deutsch-Unterricht zusammen. Ich konnte die Tränen nicht mehr halten. Alles wurde mir zu viel.
Sie entschuldigten sich, aber ich hegte Hass auf sie und ihre böswillige Ader. Warum tut man so etwas einem anderen Menschen an? Ich verstehe das bis heute nicht, muss es aber wohl mit der jugendlichen Naivität rechtfertigen. Ich liebe heute die Menschen, auch mich selbst. Aber damals war es etwas Anderes. Ich wollte sie und mich tot sehen, frei von allen Schmerzen, auch frei von denen, die sie anderen noch bereitet hätten.
Nur durch das Internet, durch die Gespräche mit mir bis dato unbekannten, grandiosen Menschen habe ich Rückhalt gefunden. Die Realität bat mir damals nichts. Mir gaben diese Chats alles, was mich am Leben und bei Rationalität erhielt.
Insofern möchte ich allen Menschen danken, die mein Leben damals und auch heute – wenn auch nur virtuell – bereicherten. Jede Träne, die ich vergoß, sei euch gehuldigt. Ich liebe euch über alle Maßen.
Fühlt euch umarmt und geküsst.
Ich musste das einfach mal schreiben. Tut mir sehr leid, es ging nicht anders.