Tut weh. Tut gut: Die “Aversion” der Antilopen Gang.

Passiert ja selten, aber passiert dann glücklicherweise doch manchmal. Neue Musik. Meistens, weil sie irgendwie in meiner Timeline landet und irgendwie interessant klingt. In diesem Fall: “Beate Zschäpe hört U2“. Erstmal klicken, die Antilopen Gang ist das entscheidende Stück neben der Spur, mal hören, was das Album kann.

Das ist meist der Punkt an dem ich wieder aufgebe, vor allem, wenn es um deutschen Hip Hop geht. Ist mir zuletzt mit Edgar Wasser passiert, der immer wieder durch meine Timeline gegeistert ist, aber sich eben auch immer wieder durch das entscheidende Stück gewollte Plattitüde disqualifiziert hat.

Aber das ist eine andere Geschichte. Die Antilopen Gang ist zwar ein bisschen kantig und roh, aber klingt nach Verschwurbelung eines Käptn Peng, wohlproduziertem juvenilen Zorn der Kraftklubs und eigener, ausdefinierter Nische. Genug, um mich ein erstes Mal durch das Album zu ziehen.

Als letzten Endes dann die Welt unterging,
musste ich lachen, denn ich hasste immer Endzeitpropheten.
Doch dieses eine Mal hatten sie zufällig recht
und ein Sturm zog auf und mein Hut flog mir weg.

Und dann gibt es – es ist immer dieser ganz bestimmte Punkt, an dem es passiert – diesen einen Moment, diese eine Zeile, die dich kurz mitnimmt, zurückschickt und wieder in der Gegenwart ausspuckt.

Ich weiß, was es heißt, nicht dazuzugehören,
doch hab Umzug für Umzug damit ungehen gelernt.

Und ab da ist eigentlich alles klar, weil ich jetzt die Geduld habe um den Rest zu entdecken. Ich verstehe die Spitzen, gegen Dinge, die ich eigentlich mag; ich mag die politische Meinung, von der ich im deutschen Hip Hop zu wenig höre und feiere die wohlplatzierten Absurditäten.

Der Wald würde dich töten, wenn du ihn lässt.
Pass auf, dass du nie die betonierten Wege verlässt.

Und gerade als ich mich gemütlich eingerichtet habe und mir sicher bin, dass mich dieses Stück Unterhaltungskultur ein paar Wochen begleiten wird, gibt mir die Antilopen Gang zum Abschluß direkt in die Fresse.

Ich habe noch nie eine so ehrliche, direkte und zornige Hymne auf das Leben gehört, wie Spring . Es ist immer schwierig ein gutes Ende für eine Geschichte, einen Film oder ein Album zu finden. Aber das hier, das ist Perfektion. Es tut weh, es tut gut. Es ist die “Aversion” der Antilopen Gang und alles, was ihr sonst noch wissen müsst, steht hier.

Es wird nichts mehr sein oder es wird nichts mehr sein, wie es war.

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4 Comments

Filed under wahnsinn, zwischendurch

4 Responses to Tut weh. Tut gut: Die “Aversion” der Antilopen Gang.

  1. »Spring« ist besonders krass, wenn man bedenkt, dass sich Antilopen-Mitglied NMZS vor einiger Zeit das Leben genommen hat.

  2. Holy, das ist heftig.

  3. Anna

    Ich hasse ja Hiphop.
    Aber das hat was. Zumal die Wahnmachen jetzt auch einen Heidelberger Zweig eröffnet haben. :-/

  4. Pablo

    Hätte gar nicht erwartet, dass Herr Richter auf musikalischen Agitprop steht.
    Der einzige Songtext, den ich bislang zur Kenntnis nahm, klingt wie ein vertonter Gesinnungs-Aufsatz aus der Jungle World.
    Wem’s gefällt…

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